World Press Photo 2024 – SHMH (2024)

World Press Photo 2024 – SHMH (1)

Auch 2024 wird das Altonaer Museum wieder Gastgeber für die Präsentation des World Press Photo Award sein, mit dem die World Press Photo Foundation seit 1955 jedes Jahr die besten internationalen Pressefotografien des jeweiligen Vorjahres auszeichnet. Die Themen des größten und renommiertesten Wettbewerbs dieser Art reichen von der Dokumentation politischer Konflikte und kriegerischer Auseinandersetzungen über die fotografische Schilderung von Herausforderungen und Problemen der Klimakrise bis zu Reportagen aus dem Alltagsleben unterschiedlicher Gesellschaften. Die preisgekrönten Fotografien werden in einer Wanderausstellung gezeigt, die mittlerweile in mehr als 100 Städten in fast 50 Ländern Station macht und auf der ganzen Welt von über einer Million Besucherinnen und Besuchern gesehen wird. Die Magazine GEO und stern präsentieren die Ausstellung seit über 25 Jahren in Hamburg – in diesem Jahr sind die prämierten Bilder bereits zum dritten Mal im Altonaer Museum zu sehen.

Erweiterte Öffnungszeiten für World Press Photo

Montag und Mittwoch 10 –17 Uhr
Donnerstag und Freitag 10 – 20 Uhr
Samstag und Sonntag 10 – 18 Uhr

Am Donnerstag, 3. Oktober 2024, hat die Ausstellung World Press Photo ebenfalls bis 20 Uhr geöffnet.

Die Globalen Gewinner 2024

Die vier globalen Gewinner des 67. World Press Photo Awards wurden bekannt gegeben. Diese wurden in den folgenden Kategorien gekürt: “Photo of the year”, “Photo Story of the Year”, “Long-Term Projekt Award” und “Open Format Award”.

World Press Photo of the Year
A Palestinian Woman Embraces the Body of Her Niece
Mohammed Salem, Palestine, Reuters

World Press Photo Story of the Year
Valim-babena
Lee-Ann Olwage, South Africa, for GEO

World Press Photo Long-Term Project Award
The Two Walls
Alejandro Cegarra, Venezuela, The New York Times/Bloomberg

World Press Photo Open Format Award
War Is Personal
Julia Kochetova, Ukraine

Audiotour

1. Wählen Sie Ihre bevorzugte Sprache
2. Blättern Sie durch die Liste unten, um die Fotograf*innen zu finden, die in alphabetischer Reihenfolge aufgelistet sind.
3. Halten Sie Ihr Telefon an Ihr Ohr und hören Sie zu.

Klicken Sie auf “Mehr Details”, um mehr über das Projekt zu erfahren und die Abschrift des Interviews zu lesen.

World Press Photo 2024 – SHMH (2)

Rahmenprogramm

Altonaer Museum

Ausstellungs­eröffnung World Press Photo 2024

17.09.2024 Beginn: 19:00

Ausstellungseröffnung

Herzliche Einladung zur Ausstellungseröffnung der neuen Sonderausstellung “World Press Photo 2024”.

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Altonaer Museum

Vortrag zum Fotoprojekt „Niemandsland“ von Daniel Chatard

06.10.2024 Beginn: 11:00

Vortrag

Sieger des “Long-Term Project” Daniel Chatard hält einen Vortrag über seine Fotodokumentation “Niemandsland”, die die Auseinandersetzungen um die Förderung von…

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Altonaer Museum

Pressefreiheit im Bildjournalismus Gespräch

14.10.2024 Beginn: 18:00

Gespräch

Andreas Trampre, Bildredakteur des STERN, ist im Gespräch mit der Fotografin und World Press Preisträgerin Johanna Maria Fritz über Pressefreiheit…

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World Press Photo 2024 – SHMH (6)
Valim-babena

World Press Photo Story of the Year
Lee-Ann Olwage for GEO

Dada Paul und seine Enkelin Odliatemix bereiten sich auf den Gottesdienst in Antananarivo, Madagaskar, vor.

Paul Rakotozandriny, „Dada Paul“ (91), lebt seit 11 Jahren mit Demenz und wird von seiner Tochter Fara Rafaraniriana (41) gepflegt. Neun Jahre lang wusste niemand, dass Dada Paul krank war. Seine zehn Kinder nahmen an, er sei „verrückt geworden“, oder schrieben die Symptome einem übermäßigen Alkoholkonsum zu. Nur seine Tochter Fara bemerkte etwas anderes, als ihr Vater, ein pensionierter Chauffeur, eines Tages nicht mehr nach Hause fand, nachdem er sie von der Arbeit abholte. Von den Begriffen „Demenz“ oder „Alzheimer“ hatte sie noch nie etwas gehört, aber man riet ihr, sich an Masoandro Mody zu wenden, die einzige Organisation in Madagaskar, die Familienangehörige von Menschen mit Demenz unterstützt und schult. Die Organisation vermittelte ihr das Wissen und die Unterstützung, die sie für die Pflege von Dada Paul benötigte.

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Angesichts einer steigenden Lebenserwartung ist Demenz ein weltweites Problem von großer Bedeutung. Nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO) sind weltweit rund 55 Millionen Menschen an Demenz erkrankt, mehr als 60 % davon leben in Ländern mit niedrigem und mittlerem Einkommen. Die WHO schätzt, dass in Madagaskar etwa 40.000 Menschen mit Alzheimer leben. Aufgrund des mangelnden öffentlichen Bewusstseins für Demenz werden Menschen mit Symptomen des Gedächtnisverlusts oft stigmatisiert. Viele halten die Symptome für Anzeichen von Hexerei, dämonischer Besessenheit oder „Wahnsinn“.

Im Gegensatz dazu veranschaulicht die Geschichte von Fara und Dada Paul das madagassische Prinzip des „valim-babena“ – die Pflicht der erwachsenen Kinder, ihren Eltern zu helfen. Valim-babena wird als Ausdruck der Liebe gesehen, als Rückzahlung einer moralischen Schuld für die Sorgfalt, die Eltern in die Erziehung ihrer Kinder investieren. In diesem Sinne fungiert es als eine Form der sozialen Sicherheit. Die Pflege von Demenzkranken wird von der betroffenen Person, ihrer unmittelbaren Familie und der gesamten Gemeinschaft getragen. Für die Geschichte, die im Auftrag des Magazins GEO entstand, reiste Lee-Ann Olwage gemeinsam mit der GEO-Autorin Charlotte Koehler nach Madagaskar.

Lee-Ann Olwage ist eine visuelle Geschichtenerzählerin aus Südafrika. Olwage erforscht in ihrer Arbeit Themen wie Identität, Übergänge und universelle Erzählungen in Langzeitprojekten. Mit ihrem Interesse an der Verwendung von Fotografie als Form des Zelebrierens ermöglichen ihre gemeinschaftlichen Projekte den Menschen, ihre Geschichten und deren Darstellung mitzugestalten. Sie ist Mitglied von Native, Women Photograph und African Women in Photography.

The Two Walls

World Press Photo Long-Term Project Award
Alejandro Cegarra, for The New York Times/Bloomberg

Ein Einwanderer läuft auf einem Güterzug, der als „The Beast“ in Piedras Negras, Mexiko, bekannt ist. Migranten und Asylbewerber, die nicht über die finanziellen Mittel verfügen, um einen Schmuggler zu bezahlen, nutzen oft Güterzüge, um die Grenze zu den Vereinigten Staaten zu erreichen. Diese Art der Beförderung ist sehr gefährlich; im Laufe der Jahre stürzten Hunderte auf die Gleise und wurden getötet oder verstümmelt. Tausende weitere wurden Opfer von Erpressungen, Vergewaltigungen, Entführungen oder Raubüberfällen, die von Drogenkartellen oder korrupten Behörden an verschiedenen Haltestellen entlang der Zugstrecke nach Norden verübt wurden.

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Seit 2019 hat sich die mexikanische Einwanderungspolitik stark verändert. Aus einem Land, das seit jeher offen für Migranten und Asylsuchende an seiner Südgrenze war, wurde ein Land, das eine strenge Einwanderungspolitik durchsetzt. Eine Reihe zusammenwirkender Faktoren – die Entwicklung der Einwanderungs- und Außenpolitik unter den aufeinanderfolgenden US-Regierungen, die Einführung der COVID-19-Protokolle sowie die politische und wirtschaftliche Instabilität in ganz Mittel- und Südamerika – tragen zu einer anhaltenden Krise an den mexikanischen Grenzen bei. Darüber hinaus hat die von den USA unter dem Deckmantel des COVID-19-Protokolls eingeführte Politik der beschleunigten Abschiebung (Title 42 und später Title 8), welche wiederholte Versuche des Grenzübertritts unter Strafe stellt, dazu geführt, dass Tausende von Menschen in mexikanischen Grenzstädten festsitzen. Diese Gebiete, häufig unter der Kontrolle von korrupten Behörden und Drogenkartellen, zwingen Migranten und Asylsuchende auf unbestimmte Zeit in improvisierten Lagern zu warten, wo sie einem erhöhten Risiko von Gewalt und prekären Existenzbedingungen ausgesetzt sind.

Der Fotograf Alejandro Cegarra (*1989), der 2017 aus seinem Heimatland Venezuela nach Mexiko migrierte, initiierte dieses Projekt im Jahr 2018. In seiner Arbeit dokumentiert er die Notlage von stark gefährdeten Migrantengemeinschaften und setzt er sich mit dem Wesen der Zugehörigkeit, dem Streben nach einer Heimat und dem Anprangern von Menschenrechtsverletzungen in Venezuela und Mexiko, wo er derzeit lebt, auseinander. Cegarra begann seine Karriere im Fotojournalismus, indem er die Fotografen der größten venezolanischen Zeitung Últimas Noticias vertrat. Seitdem arbeitet er als freier Mitarbeiter für Medien wie The New York Times, Bloomberg, National Geographic, The New Yorker, Associated Press, The Washington Post und andere. Seine Arbeit ist international anerkannt und wurde in bekannten Medien wie TIME, L’Express und LFI veröffentlicht.

World Press Photo 2024 – SHMH (7)
A Palestinian Woman Embraces the Body of Her Niece

World Press Photo of the Year
Mohammed Salem, Reuters

Inas Abu Maamar (36) hält die Leiche ihrer Nichte Saly (5) im Arm, die zusammen mit ihrer Mutter und ihrer Schwester beim Einschlag einer israelischen Rakete in ihrem Haus in Khan Younis, Gaza, getötet wurde.

Der seit 75 Jahren andauernde israelisch-palästinensische Konflikt eskalierte am 7. Oktober 2023, als von der Hamas geführte Kämpfer mehrere Orte im Süden Israels angriffen und dabei etwa 1.200 Menschen töteten, mehr als 2.500 verletzten und etwa 250 Menschen als Geiseln entführten. Als Reaktion darauf startete Israel Luftangriffe und erklärte der Hamas am folgenden Tag offiziell den Krieg, mobilisierte Reservisten der Armee und begann eine Offensive im Gazastreifen.

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Zu Beginn des Krieges wies Israel die Bewohner und Bewohnerinnen des Gazastreifens an, sich zu ihrer Sicherheit in das Gebiet südlich des Flusses Wadi Gaza zu begeben. Berichten zufolge wurde Khan Younis (21,8 km südlich von Wadi Gaza) ab Mitte Oktober von israelischen Luftangriffen bombardiert. Viele der Todesopfer waren Familien, die Tage zuvor Gaza-Stadt verlassen hatten.

Mohammed Salem (*1985) ist ein palästinensischer Fotojournalist, der im Gazastreifen lebt. Salem hat einen Medienabschluss der Universität Gaza und arbeitet seit 2003 für Reuters. Sein Hauptaugenmerk liegt auf der Dokumentation des Konflikts zwischen Palästinensern und Israelis, darüber hinaus berichtet er über verschiedene internationale Nachrichtenereignisse. Salem war 2004 Gewinner des China International Press Photo Contest und gewann zweimal, 2018 und 2023, die Auszeichnung Pictures of the Year International (POYI). Salem erhielt außerdem den Medienpreis des Dubai Press Club, einen Preis, der an junge arabische Fotografen vergeben wird.

World Press Photo 2024 – SHMH (9)
Fighting, Not Sinking

Southeast Asia and Oceania, Singles
Eddie Jim, The Age/Sydney Morning Herald

Lotomau Fiafia (72), ein Ältester der Gemeinschaft, steht mit seinem Enkel John an dem Ort, an dem er sich erinnert, dass die Küstenlinie war, als er ein Junge war. Salia Bay, Kioa Island, Fidschi.

Individuelle Erfahrungen, wie die von Lotomau Fiafia, zeigen aus erster Hand die Auswirkungen des steigenden Meeresspiegels auf das Leben der Menschen. Seine Geschichte verdeutlicht das Ausmaß der Veränderungen, die innerhalb eines Lebens stattfinden, und macht die Klimakrise greifbarer.

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Laut des Zwischenstaatlichen Ausschusses für Klimaänderungen hat sich der globale Anstieg des Meeresspiegels mehr als verdoppelt, von 1,4 Millimetern pro Jahr zwischen 1901 und 1990 auf 3,6 Millimeter pro Jahr von 2006 bis 2015. In Fidschi steigt der Meeresspiegel noch schneller: seit 1993 um etwa 4 Millimeter pro Jahr, und die Beschleunigung hält an. Obwohl diese Werte gering erscheinen mögen, stellen sie zusammen mit der verursachten Küstenerosion eine Bedrohung für flache, tiefliegende Landmassen wie Kioa Island dar. Die 500-köpfige Gemeinde auf Kioa Island entstand aus einer Siedlung von Menschen, die in den 1940er Jahren vor dem steigenden Meeresspiegel auf Tuvalu, einer Inselnation nördlich von Fidschi, geflohen sind. Nun ist ihre Fischerei- und Landwirtschaft erneut bedroht, da die erodierenden Küsten dazu führen, dass sie und mehr als 600 Gemeinden in ganz Fidschi möglicherweise umgesiedelt werden müssen.

Die tieferen Gewässer, in denen die Fische leben – ein Grundnahrungsmittel der lokalen Ernährung – sind jetzt weiter von der Küste entfernt. Früher fischten die Bewohner an der Küste, jetzt müssen sie weit hinausfahren, um einen Fang zu machen. Darüber hinaus sind Korallen gebleicht, und einige Fischarten haben ihren Lebensraum im Riff der Insel verloren. Wichtige Pflanzen wie Kokosnüsse und Pandanus wachsen nicht mehr am Strand, was die Nahrungs- und Medizinquellen beeinträchtigt. Kioa hat eine symbolische Bedeutung, da die Gemeinschaft von den Tuvaluanern abstammt, die in der Vergangenheit vor dem steigenden Meeresspiegel Zuflucht suchten. Im Oktober 2022 trafen sich auf der Insel führende Persönlichkeiten aus dem Pazifik und Ozeanien, Vertreter indigener Gemeinschaften und Aktivisten, um die Kioa Climate Emergency Declaration zu diskutieren und auszuarbeiten. Das Dokument forderte dringende Klimaschutzmaßnahmen, um die Pazifikregion und ihre Bevölkerung vor den zunehmenden Auswirkungen der Klimakrise zu schützen und für zukünftige Generationen zu bewahren.

Eddie Jim, geboren und aufgewachsen in Hongkong, begann nach seinem Fotografie-Studium 1986 als Fotograf bei The Standard und South China Morning Post zu arbeiten. 1995 wurde er Fotoeditor bei der Apple Daily, bevor er 1997 nach Melbourne, Australien, auswanderte. Seitdem arbeitet er für die Zeitung The Age.

World Press Photo 2024 – SHMH (10)
War Is Personal

World Press Photo Open Format Award
Julia Kochetova

Dieses Foto ist Teil eines Projekts, welches fotografische Bilder mit Lyrik, Audiosequenzen und Musik verwebt. Die multidisziplinäre Präsentation der Fotografin verankert die Tatsachen des Kriegs in ihrer subjektiven Erfahrung und ermöglicht es ihr gleichzeitig, Emotionen und Symbolik einzubringen, die durch Fotografien allein nicht vermittelt werden könnten.

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Nach fast zehn Jahren Krieg und Zehntausenden von zivilen und militärischen Opfern wütet der Krieg in der Ukraine auch im Jahr 2023 weiter. Während die Medien ihr Publikum täglich mit Statistiken und Karten auf den neuesten Stand bringen und die internationale Aufmerksamkeit anderswo hinwandert, ist die tägliche Erfahrung der Ukrainer, die den Krieg durchleben, für Menschen außerhalb des Landes nur schwer nachzuvollziehen. Dieses webbasierte Projekt verbindet Fotojournalismus mit dem dokumentarischen Stil eines persönlichen Tagebuchs, um der Welt ein Bild vom Krieg als Alltagsrealität zu vermitteln. Durch die Kombination von dokumentarischen Bildern mit Poesie und Musik bietet das Projekt nicht nur einen intimen Einblick in das Leben unter Belagerungsbedingungen, sondern auch einen tieferen Eindruck davon, wie das Erlebte verarbeitet wird und wie trotz Tragödie, Schmerz und Trauma Erfahrungen über Grenzen hinweg geteilt werden können. Dieser interdisziplinäre Ansatz dient dazu, die harte Realität des Krieges mit den subjektiven Erfahrungen der Fotografin zu verbinden. Insgesamt stellt das Projekt eine komplexe Erforschung der emotionalen und psychologischen Auswirkungen von Konflikten dar, welche nicht nur Verlust, Schmerz, Verzweiflung und Resignation, sondern auch Hoffnung und Widerstandskraft zum Ausdruck bringen.

Julia Kochetova (*1993) ist eine ukrainische Fotojournalistin und Dokumentarfilmerin aus Kiew. In ihrer Arbeit konzentriert sie sich auf die Methode des Geschichtenerzählens aus erster Hand und recherchiert zu Themen wie der Kriegsgeneration, posttraumatischer Belastungsstörung und Feminismus. Kochetova studierte Journalismus an der Taras Shevchenko National University (UA) und der Mohyla School of Journalism (UA) und nahm an der IDFAcademy (NL) teil. Als freie Mitarbeiterin hat Kochetova über die Maidan-Revolution (2013-2014), die Annexion der Krim (2014) und den Krieg zwischen Russland und der Ukraine (2014 bis heute) berichtet. Sie schreibt regelmäßig für Der Spiegel, Vice News, Die Zeit, Bloomberg, The Guardian und andere. Im Jahr 2023 gewann Kochetova den Emmy Award für herausragende fortlaufende Nachrichtenberichterstattung: Long Form mit VICE News Tonight.

World Press Photo 2024 – SHMH (11)
Survivors

Africa, Honorable Mention
Arlette Bashizi, for The Washington Post

Eine Frau wartet mit ihrem Baby am Straßenrand in Mekele, Äthiopien, auf die Weiterfahrt. Nach einer Vergewaltigung wurde sie mit ihrem jetzt 2-jährigen Sohn schwanger. Da er aus einer Vergewaltigung hervorging, lehnen ihre Eltern den Sohn ihrer Tochter ab und behielten deren fünfjährige Tochter, die sie mit ihrem Mann zusammen gezeugt hatte. Sie wünscht sich eine Wiedervereinigung mit ihrer Tochter, befürchtet aber, dass sie nicht für sie sorgen kann.

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Der Bürgerkrieg, der 2020 in der Region Tigray in Äthiopien ausbrach, forderte einen verheerenden Tribut: schätzungsweise 600.000 Menschen verloren ihr Leben und Millionen Menschen waren von Binnenvertreibung und akuter Hungersnot betroffen. Die Region, gekennzeichnet von Armut und politischer Instabilität, wurde von der Außenwelt abgeschnitten und durch Gewalt und Kriegschaos an den Rand des Abgrunds gedrängt. Inmitten der Schrecken des Konflikts entfaltete sich eine stille Krise: sexuelle Gewalt gegen Frauen. Konkrete und nachprüfbare Daten sind rar, was nicht nur an der schwierigen Informationsbeschaffung in den Krisengebieten liegt, sondern auch an der von der äthiopischen Regierung verhängten Nachrichtensperre. Eine Studie der Columbia University deutet darauf hin, dass mehr als 100.000 Frauen im Verlauf des Konflikts Opfer sexueller Gewalt geworden sein könnten. Das Trauma, das diese Frauen erleiden müssen, geht über physisches und psychisches Leid hinaus. In vielen Fällen sind sie mit gesellschaftlichen Vorurteilen und Stigmatisierung konfrontiert. Das Projekt porträtiert den persönlichen Lebensweg von Überlebenden sexueller Gewalt in der Region Tigray und zeigt Geschichten von Widerstandsfähigkeit, Mut und Heilung. Mit der Unterstützung der „Daughters of Charity of St. Vincent de Paul”, einem religiösen Frauenorden, der sich der Hilfe und Rehabilitierung von Überlebenden sexueller Gewalt verschrieben hat, zeigen diese Frauen Stärke und Ausdauer im Angesicht des Grauens und der Widrigkeiten.

Arlette Bashizi ist eine Dokumentarfotografin und Fotojournalistin, die in Goma, Demokratische Republik Kongo, geboren wurde und derzeit dort lebt. Sie konzentriert sich auf Themen in den Bereichen Gesundheit, Umwelt und Kultur, wobei sie den Menschen, insbesondere Frauen und Jugendliche, in den Mittelpunkt ihrer Geschichten stellt. In den letzten Jahren befasste sie sich mit der Gewinnung seltener Mineralien zur Befriedigung der westlichen Nachfrage nach Elektrofahrzeugen, den Auswirkungen des Konflikts in der Demokratischen Republik Kongo in Tigray und den Folgen des Klimawandels in der Region. Im Jahr 2020 wirkte Bashizi am Projekt Congo in Conversation von Finbarr O’Reilly mit. Seitdem arbeitet sie für Zeitungen wie The New York Times, The Washington Post und The New Humanitarian. Sie ist Mitarbeiterin der Nachrichtenagentur Reuters und Beraterin für internationale Organisationen. Bashizi ist Mitglied der African Photojournalism Database, einem von der World Press Photo Foundation und Everyday Africa erstellten Verzeichnis aufstrebender afrikanischer Bildjournalisten.

World Press Photo 2024 – SHMH (12)
Adrift

Africa, Open Format
Felipe Dana and Renata Brito, Associated Press

Im Mai 2021 wird ein Boot mit toten Männern vor der Küste der Karibikinsel Tobago aufgefunden. Die gerichtsmedizinische Untersuchung ergibt, dass das Boot aus Mauretanien kam, einem westafrikanischen Land auf der anderen Seite des Atlantiks. Wer waren diese Männer und warum wurden sie so weit von zu Hause entfernt gefunden? „Adrift” ist eine digitale Spurensuche, die Schrift, Fotografie, Video und Grafik zu einer immersiven Präsentation verbindet und die Reise von 43 Menschen nachzeichnet, die bei ihrem Versuch, Europa zu erreichen, im Atlantik verschwanden. Das Projekt wird von einer 13-minütigen Kurzdokumentation begleitet.

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Aufgrund von Faktoren, wie den Einschränkungen durch COVID-19, internationalen Abkommen zwischen der EU und nordafrikanischen Staaten und der gezielten Behinderung von Nichtregierungsorganisationen bei der Seenotrettung, ist die Zahl der Asylsuchenden, die Europa über die Mittelmeerroute erreichen, seit 2019 zurückgegangen. Stattdessen steigt die Zahl der Migranten, die die gefährlichere Atlantikroute nördlich entlang der westafrikanischen Küste bis zu den spanisch kontrollierten Kanarischen Inseln wählen. Viele kommen nie an: Ihre Schiffe gehen auf See verloren oder treiben in lebensgefährlichen Strömungen umher, welche die „Geisterschiffe” Tausende von Meilen vom Kurs entfernt in die Karibik bringt, teils bis in den Süden Brasiliens. Anhand von forensischen Beweisen und mit Hilfe ihres Netzwerks von Quellen auf drei Kontinenten erzählen die Reporter die Geschichte der 43 Menschen, die im Atlantik verschollen sind. Einer der identifizierten Männer war Alassane Sow (30). Gegen den Rat seiner Tante ging Sow in der Nacht vom 12. auf den 13. Januar 2021 auf das mauretanische Schiff. Die Auswirkungen des Klimawandels sowie die jahrelangen Konflikte und die politische Instabilität in Mali hatten zum Scheitern seiner Handels- und Viehzuchtbetriebe geführt; Sow glaubte, dass sein einziger Weg zu einer wirtschaftlichen Chance in Europa lag. Ein DNA-Test bestätigte seine Identität, doch mangelnder politischer Wille und fehlende Ressourcen bedeuten, dass solche Möglichkeiten für verschwundene Migranten selten sind.

Felipe Dana ist ein brasilianischer Fotojournalist und Kameramann, der Konflikte, Gewalt und soziale Krisen rund um den Globus dokumentiert. Für die Associated Press berichtete er unter anderem über die sozialen Problemen und die endemische Gewalt in seiner Heimatstadt Rio de Janeiro bis hin zum Krieg in der Ukraine, dem Kampf gegen die Kämpfer des Islamischen Staates im Irak und in Syrien, der Übernahme Afghanistans durch die Taliban und den Kriegen zwischen Israel und Hamas. Renata Brito ist eine brasilianische Bildjournalistin und Autorin bei Associated Press mit Sitz in Barcelona. Sie berichtet umfassend über Migration und die Auswirkungen der Grenzpolitik der Europäischen Union auf die Menschenrechte. Während ihrer zehnjährigen Tätigkeit bei AP dokumentierte Brito den Krieg in der Ukraine, die COVID-19-Pandemie sowohl in Spanien als auch in ihrer Heimat Brasilien, die Unabhängigkeitsbewegung in Katalonien und die Auswirkungen der Gewalt in Rio de Janeiro.

World Press Photo 2024 – SHMH (13)
Afghanistan on the Edge

Asia, Stories
Ebrahim Noroozi, Associated Press

Eine afghanische Frau liegt in der Wüste in der Nähe eines Flüchtlingslagers in Torkham, Afghanistan, nahe der pakistanisch-afghanischen Grenze. Dort sind Menschen untergebracht, die kürzlich aus Pakistan abgeschoben wurden. Hunderttausende von Flüchtlingen überquerten in den Wochen vor dem 1. November 2023, dem Stichtag der pakistanischen Regierung für die Abschiebung von Afghanen ohne Papiere, die Grenze.

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Nach der Taliban-Übernahme Afghanistans im August 2021 brach die Wirtschaft zusammen, als fast alle ausländischen Hilfsgelder abgezogen und afghanische Staatsgelder eingefroren wurden. Eine vierjährige Dürre und schwere Erdbeben im Juni 2022 und Oktober 2023 in Herat verschärften die Krise weiter. Im Jahr 2023 benötigten laut Human Rights Watch mehr als 28 Millionen Menschen in Afghanistan humanitäre Hilfe, darunter 14,7 Millionen für das grundlegende Überleben. Das Welternährungsprogramm berichtete, dass Mitte 2023 4 Millionen Afghanen akut unterernährt waren, darunter 3,2 Millionen Kinder unter fünf Jahren. Zusätzlich zur Nahrungsmittelkrise schätzt das UNOCHA, dass rund 6,3 Millionen Menschen – jeder siebte Afghane – aufgrund von Konflikten, Dürre und Naturkatastrophen langfristig vertrieben werden wird. Ende September 2023 forderte die pakistanische Regierung mehr als 1,1 Millionen Afghanen ohne Papiere auf, das Land zu verlassen, verwies auf Sicherheitsbedenken und setzte eine Frist bis zum 1. November. Bis Anfang 2024 war etwa eine halbe Million Menschen nach Afghanistan zurückgekehrt. Andere Länder, wie der Iran, schoben ebenfalls Migranten ohne Papiere ab, wodurch die Zahl der Vertriebenenlager weiter anstieg. Obwohl die internationale Hilfsgemeinschaft seit 2021 einige Anstrengungen unternahm, um die Hilfsmaßnahmen wieder aufzunehmen, behindern die Taliban mit ihren Restriktionen – insbesondere für Frauen, die für Nichtregierungsorganisationen und UN-Organisationen arbeiten – weiterhin den Zugang zu humanitärer Hilfe im ganzen Land. Diese Geschichte zeigt das tägliche Leben der Menschen, die im Jahr 2023 von den sich überschneidenden Krisen in Afghanistan betroffen sind.

Ebrahim Noroozi (*1980) ist ein Fotograf aus Teheran, Iran, der seine berufliche Laufbahn als Fotograf bei einer inländischen Nachrichtenagentur in Iran begann. Von 2008 bis 2012 war Noroozi Leiter der Fotoabteilung von Ira Newspapers, Iran Sports, Iran Daily English, Al Wefaq Arabi, Jam-e-Jam und Jam-e-Jam Online. Im Jahr 2009 gründete er die Iran International Photo Agency. Noroozi berichtete umfassend für die Associated Press aus dem Iran, den Vereinigten Arabischen Emiraten und Afghanistan. Nachdem er viele Jahre als Fotograf für Associated Press im Iran tätig war, zog er nach Afghanistan, wo er seine Arbeit für Associated Press fortsetzt und wichtige Beiträge aus dem von den Taliban regierten Afghanistan liefert. Seine Arbeiten wurden in großen internationalen Medien wie stern, Der Spiegel, The New York Times, Time, The Washington Post, The Los Angeles Times, Paris Match, El Pais und National Geographic veröffentlicht.

The Edge

Asia, Honorable Mention
Zishaan A Latif

Bengali-sprechende Hindus und Muslime helfen sich gegenseitig, ihre Geschäfte vom Ufer des Brahmaputra am Fähranleger von Tarabari zu verlagern. Die Umsiedelung erfolgt im Angesicht der Landerosion, die mit jeder Monsunzeit eintritt und die Bewohner zwingt sich jedes Jahr an eine veränderte Landmasse anzupassen. Tarabari, Wahlbezirk Bahari, Bezirk Barpeta, Lower Assam, Indien.

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Als Bangladesch 1971 seine Unabhängigkeit erklärte, zogen viele bengalische Hindus und Muslime in den überwiegend hinduistischen Bundesstaat Assam im Nordosten Indiens, um zukünftiger Verfolgung durch die unsichere Gründung Bangladeschs zu entgehen, wodurch Spannungen an der Grenze angeheizt wurden. Das Nationale Bürgerregister (NRC), das erstmals 1951 erstellt wurde, ist eine Liste aller indischen Staatsbürger, mit der angeblich der Zustrom illegaler Migranten eingedämmt werden soll. In dem 2019 veröffentlichten endgültigen Entwurf wurden jedoch 1.906.657 Personen nicht aufgenommen. Vier Jahre später leben Millionen von Menschen in Assam immer noch in einem rechtlichen Schwebezustand ohne offizielle Anerkennung durch den Staat. Rechtsgerichtete politische Parteien haben in der Vergangenheit die bengalisch-muslimische Gemeinschaft ins Visier genommen, um sich Stimmen von Hindus zu sichern. Die Notlage der bengalisch-muslimischen Gemeinschaft wird durch die einzigartige Topografie und das Klima in Assam noch verschlimmert. Der Brahmaputra, ein verehrter und zugleich zerstörerischer Fluss, verursacht Überschwemmungszyklen, die sich in den letzten Jahren durch den Klimawandel verschärft haben. Die zunehmend unvorhersehbaren Zyklen des Flusses erschweren es bengalischen Muslimen, Bindung zu Dörfern und landwirtschaftlichen Feldern aufzubauen, da diese durch Landerosion verschwunden sind. Dieses Phänomen liefert der Grenzpolizei politische Rechtfertigungen, um Gemeindemitglieder entweder als „zweifelhafte Wähler“ oder als ständig vertriebene „Klimaflüchtlinge“ abzustempeln, da sie kein Land besitzen.

Das Projekt dokumentiert den Kampf einer Gemeinschaft um Identität und Zugehörigkeit, der sich durch ökologische Herausforderungen noch verschärft. Es unterstreicht die Gefahr, mit der viele bengalische Muslime in Assam konfrontiert sind, die im Kreislauf von Vertreibung und Ungewissheit zwischen Natur und Staat gefangen sind und sich in einer von historischen, politischen und ökologischen Kräften geprägten Landschaft behaupten müssen.

Zishaan A Latif (*1984) ist Fotograf und bildender Künstler und lebt in Noida, Indien. Seine Arbeiten sind in kommerziellen und nicht-kommerziellen Sammlungen, Ausstellungen und Publikationen weltweit zu sehen. Zu Latifs Auszeichnungen gehören die Nominierung für den Gabriele-Basilico-Preis 2019, die Finalteilnahme am Prix Levallois 2019, der Publiku*mspreis des Prix Levallois 2019, die Finalteilnahme am CatchLight Fellowship 2019 und die Nominierung für den Prix Pictet 2016. Außerdem wurde er 2012 mit dem Certificate of Excellence in Journalism des Indian National Press Council Award und 2019 mit dem Ramnath Goenka Award ausgezeichnet.

World Press Photo 2024 – SHMH (15)
A Father’s Pain

Europe, Singles
Adem Altan, Agence France-Presse

Mesut Hançer hält die Hand seiner 15-jährigen Tochter Irmak, die im Schlaf getötet wurde, als das Haus ihrer Großmutter bei einem Erdbeben in Kahramanmaraş, Südtürkei, zusammenbrach. Hançer rief aus seiner Bäckerei zu Hause an, als sich das Erdbeben ereignete und erfuhr, dass seine Frau und seine drei erwachsenen Kinder in ihrem einstöckigen Haus in Sicherheit waren. Irmak, die jüngste Tochter, konnte jedoch niemand erreichen, da sie die Nacht bei ihrer Großmutter verbrachte. Als er zum Haus seiner Mutter eilte, musste er feststellen, dass seine Tochter beim Einsturz des achtstöckigen Gebäudes ums Leben gekommen war.

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Der Fotograf traf ihn an, bevor Hilfe anrückte und die Anwohner ihr Bestes taten, um verschüttete Angehörige zu befreien. Hançer rührte sich trotz des Regens und der eisigen Kälte nicht. „Machen Sie Fotos von meinem Kind“, sagte er und rief den Fotografen zu sich. Dieses Bild schaffte es auf die Titelseiten von Hunderten von Zeitungen und Social-Media-Plattformen in aller Welt und wurde zum Symbol der Tragödie. Das Erdbeben der Stärke 7,8 ereignete sich am 6. Februar um 4:17 Uhr in den türkischen Provinzen Kahramanmaraş und Gaziantep nahe der syrischen Grenze, gefolgt von einer Reihe von Nachbeben der Stärke 6+ und einem zweiten Erdbeben neun Stunden später. Sowohl die Türkei als auch Syrien spürten die Auswirkungen des Bebens, bei dem mehr als 55.000 Menschen ums Leben kamen und 3,3 Millionen Menschen vertrieben wurden. Nach Angaben der Weltbank wurden durch das Erdbeben mehr als 800.000 Gebäude beschädigt oder zerstört. Zu den Ursachen für die hohe Zahl der Todesopfer gehörten der frühe Beginn des Bebens, als viele Menschen noch schliefen, sowie mangelhaft und teilweise illegal gebaute Gebäude. In der türkischen Stadt Erzin in der Provinz Hatay beispielsweise, in der eine lange Reihe von Bürgermeistern strenge Bauvorschriften durchsetzte, stürzten weder Gebäude ein, noch gab es Tote, obwohl die Stadt nahe am Epizentrum lag. In den Nachbarstädten kam es zu katastrophalen Schäden. Nach dem Erdbeben verhafteten die türkischen Behörden über 100 Bauträger, die beim Bau von Gebäuden gespart haben sollen. In Nordsyrien war die durch die Kriegsschäden bereits geschwächte Infrastruktur ein weiteres Problem und der anhaltende Konflikt erschwert die Chancen für einen Wiederaufbau.

Adem Altan ist ein Fotojournalist aus der Türkei, der seit 40 Jahren vor Ort arbeitet. Er kam vor 15 Jahren zu AFP. Im Laufe seiner Karriere berichtete und dokumentierte er ausführlich verschiedene Ereignisse und Meldungen in der Türkei, darunter die Gezi-Unruhen in der Nähe des Taksim-Platzes in Istanbul im Jahr 2013 und das Erdbeben im Januar 2023.

Asia, Jury Special Mention

In diesem Jahr entschied die Jury zwei besondere Erwähnungen in die Auswahl für den World Press Photo Contest 2024 aufzunehmen: „Diese Sonderauszeichnungen spiegeln die Schwere des Krieges zwischen Israel und der Hamas im Jahr 2023, das Leid der Zivilbevölkerung und die globalen politischen Auswirkungen wider. Während jedes Foto eine einzelne Person nach einem schweren Angriff zeigt, hilft der Kontrast zwischen den Szenen dem Betrachter, das Ausmaß der Verwüstung zu verstehen, ohne das individuelle Leid zu verharmlosen. Wir möchten zudem den Fotografinnen und Fotografen, die über diesen Krieg berichten, unsere Anerkennung aussprechen, da sie in hohem Maße Traumata, Risiken und persönlichen Verlusten ausgesetzt sind, insbesondere in Gaza.“

World Press Photo 2024 – SHMH (16)
The Aftermath of the Supernova Festival Attack in Israel

Leon Neal, Getty Images

Ein Offizier der israelischen Sicherheitskräfte durchsucht das Gelände des Supernova-Musikfestivals nach persönlichen Gegenständen der Opfer des Hamas-Angriffs vom 7. Oktober, bei dem rund 1.200 Menschen starben, mehr als 2.500 verletzt wurden und etwa 250 Menschen als Geiseln auf dem Festival und in Gemeinden nahe der Grenze zum Gazastreifen genommen wurden. Re’im, Israel. Leon Neal ist ein Fotograf, der über nationale und internationale Nachrichten, Politik, Unterhaltung und Sportveranstaltungen berichtet. Neal studierte Fotojournalismus in Sheffield, UK, bevor er 2003 ein Stipendium bei der Times in London erhielt. Im Anschluss arbeitete er als Redakteur bei Agence France-Presse in London, bevor er 2016 zum EMEA-Redaktionsteam von Getty Images kam.

World Press Photo 2024 – SHMH (17)
Israeli Airstrikes in Gaza

Mustafa Hassouna, Anadolu Images

Eine Bewohnerin von al-Zahra geht durch die Trümmer der durch israelische Luftangriffe zerstörten Häuser, Gaza-Stadt, Gaza. Die Angriffe trafen rund 25 Wohnhäuser in dem Universitäts- und Wohnviertel. Zum Zeitpunkt der Abfassung dieses Berichts (4. März 2024) hatten die israelischen Angriffe auf die besetzten palästinensischen Gebiete während des Krieges zwischen Israel und der Hamas etwa 30.000 Menschen getötet und mehr als 70.000 verletzt. Mustafa Hassouna ist ein Fotograf mit Sitz im Gaza-Streifen, Palästina, der seit 2007 für die Anadolu Agency arbeitet. Zuvor arbeitete er als freiberuflicher Fotojournalist für AFP, Reuters und mehrere internationalen Presseagenturen. Hassouna hat zahlreiche internationale Preise gewonnen. Im Jahr 2018 stand er auf der Shortlist des Guardian zur Wahl des Agentur-Fotografen des Jahres und 2014 wurde seine Arbeit vom Guardian zu einem der besten Fotos des Jahres gewählt.

World Press Photo 2024 – SHMH (18)
Returning Home From War

Africa, Singles
Vincent Haiges, Republik, Real 21

Kibrom Berhane (24) begrüßt seine Mutter zum ersten Mal, seit er vor zwei Jahren den Verteidigungsstreitkräften von Tigray beigetreten ist, Saesie Tsada, Äthiopien. Kibrom Berhane schloss sich Anfang 2021 ohne das Wissen seiner Eltern den TDF (dem bewaffneten Flügel der Volksbefreiungsfront von Tigray) an, nachdem Regierungstruppen sein Dorf in Ost-Tigray angegriffen hatten. Er kämpfte an der Frontlinie im Bundesstaat Amhara, bis er einen Monat vor dem Friedensabkommen vom November 2022 durch eine Granate verwundet wurde und sein Bein verlor. Kibrom verbrachte daraufhin einige Zeit in einem Rehabilitationszentrum in der Tigray-Hauptstadt Mek’ele, wo er auf eine Prothese wartete und wieder laufen lernte.

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Der gewaltsame interne Konflikt zwischen den Regierungstruppen und der Tigray People’s Liberation Front (TPLF) hielt den Norden Äthiopiens von 2020 bis zum Waffenstillstand im November 2022 in Atem. Die internationale Berichterstattung über den Konflikt war schwierig, da die äthiopische Regierung ab November 2020 zwei Jahre lang und 2023 erneut drei Monate lang eine Mediensperre verhängte. Darüber hinaus wurde der Krieg in den sozialen Medien polarisiert diskutiert und Desinformationen verbreitet. Obwohl es im November 2022 zu einem Waffenstillstand kam, brechen in Amhara weiterhin sporadische Konflikte aus, nachdem sich die regionalen Streitkräfte den Plänen der Regierung widersetzten, sich aufzulösen und in die nationale Armee einzugliedern.

Der Konflikt, dessen Ausbruch sich beide Seiten gegenseitig vorwerfen, forderte rund 600.000 Todesopfer und führte zur Vertreibung von mehr als 1,4 Millionen Menschen, insbesondere aus den fruchtbaren nordwestlichen Regionen des Landes. Die Ernährungsunsicherheit wurde zu einem großen Problem, da die Kämpfe während aufeinanderfolgender Ernteperioden intensiv waren, Soldaten Vieh stahlen und Bauernhöfe verwüsteten, die internationale Hilfe unterbrochen wurde und die Regenfälle ausblieben, was wiederum zu Dürren führte.

Vincent Haiges (*1988) verbrachte die letzten Jahre damit, bewaffnete Konflikte, Menschenrechtsverletzungen und Migration in ganz Europa, dem Nahen Osten und Afrika zu dokumentieren. Haiges lebt derzeit in Berlin und arbeitet für Redaktionen wie Die Zeit, De Morgen, Foreign Policy, The Guardian und Volkskrant. Er kooperiert mit verschiedenen Nichtregierungsorganisationen und akademischen Einrichtungen wie Ärzte ohne Grenzen, dem Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen und der Universität Hamburg. Haiges’ Fotografien wurden auf der London Design Biennale (UK), dem Baghdad Contemporary Arts Festival (Irak), dem Artizon Museum (Japan) und dem Bethanien Kunsthaus (Deutschland) ausgestellt. Vincent hat einen Master-Abschluss in Politikwissenschaften von der SOAS und vermittelt sein Fachwissen regelmäßig in öffentlichen Vorträgen.

World Press Photo 2024 – SHMH (19)
The Escape

Africa, Long-Term Projects
Zied Ben Romdhane, Magnum Photos, Arab Fund for Arts and Culture, AIM LAB

Ein junger Mann stößt sich an einem Zaunpfahl auf einem Fußballplatz in Umm-Al-Arais, Gafsa, ab – einer Region, die für die tunesische Wirtschaft wegen ihrer Phosphatminen von entscheidender Bedeutung ist und durch hohe Jugendarbeitslosigkeit gekennzeichnet ist. Zu Beginn des Jahres hatten arbeitslose Jugendliche und Bergarbeiter mit Sitzstreiks gegen Arbeitsbedingungen und Erwerbslosigkeit protestiert. Die Revolution in Tunesien im Jahr 2011, die den sogenannten „Arabischen Frühling“ auslöste, weckte die Hoffnung auf Demokratie, soziale Gerechtigkeit und Meinungsfreiheit. Das darauffolgende Jahrzehnt war jedoch von politischer Instabilität, anhaltenden Wirtschaftskrisen und sozialer Ungleichheit geprägt, wovon vor allem junge Menschen betroffen waren.

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. Das Projekt erforscht das Leben junger Tunesier und soll einen Beitrag zur Diskussion über ihre Teilhabe an einer besseren Zukunft leisten. Studien zufolge ist etwa ein Viertel der tunesischen Jugendlichen von Selbstmordgedanken betroffen und Depressionen sind weit verbreitet. Der Fotograf spricht an, was er als Malaise unter der tunesischen Jugend ansieht, doch will er die Situation auf eine breitere metaphorische Weise darstellen. Er erklärt: „Das Projekt ist nicht illustrativ. Es ist symbolisch. Ich versuche, Bilder zu schaffen, die diese landesweiten Gefühle ausdrücken“. Eine der Hauptursachen für die Unzufriedenheit der jungen Tunesier ist der Mangel an beruflichen Perspektiven. Mehr als 40 % der tunesischen Bevölkerung sind zwischen 15 und 34 Jahre alt, wobei die Arbeitslosigkeit der Jugendlichen unter 24 Jahren nach Angaben der Weltbank bei etwa 40 % liegt. Besonders schlecht sind die Berufsaussichten für junge tunesische Hochschulabsolventen.

Im Jahr 2022 gingen in der tunesischen Hauptstadt Tunis erneut Demonstranten auf die Straße, um gegen die steigende Inflation, die Lebensmittelknappheit und die Erhöhung der Preise für Haushaltsgas zu protestieren. Darüber hinaus stellt der Phosphatabbau im Südwesten des Landes, eine der Haupteinnahmequellen des Landes, ein ernstes Gesundheits- und Umweltproblem dar. Junge Menschen in Tunesien werden erwachsen und sehen sich mit Herausforderungen an nahezu allen Fronten konfrontiert. The Escape beleuchtet ihr Leben, ihre Kämpfe und Hoffnungen, aber auch ihre Widerstandsfähigkeit und Kreativität.

Zied Ben Romdhane (*1981) ist ein Dokumentarfotograf aus Tunesien, dessen Arbeit sich auf sein Heimatland konzentriert. Er erforscht die sozio-politischen Gegensätze zwischen Binnen- und Küstenregionen und beleuchtet, wie die Geografie diese Dynamik prägt. Romdhane veröffentlichte 2018 sein erstes Buch „West of Life“ bei Red Hook Editions und „Children of the Moon“ bei Les Éditions Lalla Hadria. Er nahm 2015 am Arab Documentary Photography Program (AFAC) und 2013 an der World Press Photo’s Reporting Change Initiative teil und erhielt den POPCAP Award (Africa Image, Basel, 2015). Er ist Mitglied der Kollektive „Rawiya“ und „Native“. Im Jahr 2019 trat Romdhane Magnum als nominierter Kandidat bei.

World Press Photo 2024 – SHMH (20)
No Man’s Land

Europe, Long-Term Projects
Daniel Chatard

Der Energiekonzern RWE reißt die Pfarrkirche von Immerath ab, da das Dorf für die Erweiterung des Tagebaus Garzweiler zerstört wird. Die als „Immerather Dom“ bekannte Kirche war ein wichtiges Wahrzeichen des Ortes. RWE bot den betroffenen Anwohnern an, sie in einem anderen, 8 km entfernten Dorf unterzubringen.

Deutschland sieht sich als Vorreiter bei erneuerbaren Energien bis 2030, ist aber stark von Kohle abhängig. 2022 verbrauchte Deutschland mehr Kohle als jedes andere EU-Land. Gleichzeitig erzeugt Deutschland 52 % seiner Energie aus erneuerbaren Quellen (25,6 % aus Kohle und 15,6 % aus Erdgas). Seit Ende der 1940er Jahre wurden im Westen Nordrhein-Westfalens rund 50 Dörfer durch den Steinkohlebergbau ausgelöscht. Seit den 1970er Jahren werden im Rheinland Wälder abgeholzt, landwirtschaftliche Flächen gerodet und Dörfer abgerissen, um Platz für die Tagebaue Hambach und Garzweiler zu schaffen.

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RWE plante die Abholzung des Hambacher Forstes und den Abriss von sechs weiteren Dörfern, was zu Protesten führte. 2022 einigte sich die deutsche Regierung mit RWE, um fünf Dörfer zu retten, während Lützerath abgerissen wurde, um den Kohleausstieg auf 2030 vorzuziehen. Die Proteste in Lützerath gingen weiter, und das Dorf wurde 2023 abgerissen. Die Proteste in und um Lützerath gingen weiter und das Dorf wurde schließlich im Jahr 2023 abgerissen. Die Verbrennung von Kohle zur Stromerzeugung trägt wesentlich zur globalen Erwärmung bei. Die deutsche Regierung hat sich zum Ziel gesetzt, Kohlekraftwerke bis 2030 vom Netz zu nehmen. Ein Energiesicherheitsgesetz von 2022, mit dem die Abhängigkeit von russischem Öl und Gas verringert werden soll, untergräbt diese Pläne jedoch, da es die Reaktivierung stillgelegter Kohlekraftwerke erlaubt. Befürworter bezeichnen den Schritt als wesentlich für die Wirtschaft, Kritiker argumentieren, dass die Auswirkungen auf die Umwelt verheerend sind.

Daniel Chatard (*1996) ist ein deutsch-französischer Dokumentarfotograf aus Heidelberg. Er untersucht Themen rund um Machtstrukturen, kollektive Identität und Trauma. Chatard absolvierte sein Studium in Fotojournalismus und Dokumentarfotografie an der Fachhochschule Hannover und in Fotografie und Gesellschaft an der Königlichen Akademie der Künste Den Haag. Er studierte für ein Austauschsemester an der Fakultät für Journalismus der Staatlichen Universität Tomsk in Russland. Derzeit lebt er in Hamburg und arbeitet als freier Fotojournalist für Medien wie Die ZEIT, Der Spiegel und The Washington Post. Seine Arbeiten wurden beim Deutschen Jugendfotopreis und beim Deutschen Fotobuchpreis ausgezeichnet, waren Finalist des Leica Oskar Barnack Award und wurden für den Prix Pictet nominiert.

World Press Photo 2024 – SHMH (21)
Kakhovka Dam: Flood in a War Zone

Europe, Stories
Johanna Maria Fritz, Ostkreuz, for Die Zeit

Blick auf ein überschwemmtes Gebiet in Cherson, Ukraine, aufgenommen von einem Wohnblock aus. Zu diesem Zeitpunkt schätzten die ukrainischen Behörden, dass mehr als 40.000 Menschen evakuiert werden müssten.

Am 6. Juni 2023 beschädigten Explosionen den von Russland kontrollierten Kachowka-Staudamm im Südosten der Ukraine und verursachten weitreichende Überschwemmungen in Cherson, flussabwärts am Dnipro. Cherson, eine strategisch wichtige Stadt im russisch-ukrainischen Krieg, war eine der ersten Städte, die im März 2022 von Russland besetzt wurde. Im November desselben Jahres nahm die Ukraine die am Westufer des Flusses gelegene Stadt zurück ein und zwang die Russen zum Rückzug an das Ostufer. Die Ursache für die Explosionen ist umstritten: Sowohl Russland als auch die Ukraine beschuldigen sich gegenseitig, den Damm gesprengt zu haben. Andere Quellen nennen Vernachlässigung der Wartung und der Infrastruktur oder Minen, die von den Ufern freigespült wurden, als Ursachen.

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Nach dem ersten Dammbruch wurde der Damm durch die Wucht des abfließenden Wassers weiter beschädigt. Laut Kyiv School of Economics wurden durch den Dammbruch mindestens 17.500 Häuser überflutet Eine AP-Recherche im Dezember 2023 bezifferte die Zahl der Todesopfer auf mehrere Hundert. Die Überschwemmungen dauerten 19 Tage, und die Rettungsarbeiten wurden durch die Nähe Chersons zur Frontlinie erschwert, da die Stadt ständig unter Beschuss lag.

Die Überschwemmung von Cherson verdeutlicht das Problem der Instrumentalisierung von Umwelt und natürlichen Ressourcen. Nach Angaben von Bellingcat und der Kharkiv Human Rights Protection Group setzten die russischen Streitkräfte in der Vergangenheit gezielt Überschwemmungen ein, um die ukrainische Gegenoffensive zu verlangsamen, indem sie entweder bestehende Dämme brachen oder neue bauten. Die Ukraine räumt ein, zu Beginn des Krieges ähnliche Taktiken angewandt zu haben. In der Folge untersuchte die Ukraine die Zerstörung des Kachowka-Damms und begann, vor dem Internationalen Strafgerichtshof ein Verfahren wegen Umweltzerstörung gegen Russland einzuleiten.

Die Fotografin Johanna Maria Fritz pendelt zwischen der Ukraine und dem Nahen Osten pendelt. Sie dokumentiert das Leben von benachteiligten Gruppen, insbesondere von Frauen und Menschen in Konfliktgebieten. Sie absolvierte eine Ausbildung an der Ostkreuzschule für Fotografie und ist seit 2019 Mitglied der Agentur Ostkreuz. Ihre Arbeiten wurden unter anderem in Publikationen wie Der Spiegel und Le Monde veröffentlicht. Fritz’ Arbeiten wurden mit verschiedenen Preisen ausgezeichnet, unter anderem mit dem Inge-Morath-Preis und dem Friedenspreis für Fotografie.

World Press Photo 2024 – SHMH (22)
A Day in the Life of a Quebec Fire Crew

North and Central America, Singles
Charles-Frédérick Ouellet, for The Globe and Mail, Conseil des arts et lettres du Québec

Theo Dagnaud scannt den Horizont, um sicherzustellen, dass die Feuerwehrpatrouillen abgezogen sind und er das Gebiet als „kontrolliert“ markieren kann.

Angetrieben von hohen Temperaturen und trockenen Bedingungen fegten im Sommer 2023 gewaltige Waldbrände durch Kanada und betrafen alle 13 Provinzen und Territorien, insbesondere die nördlichen Regionen von Quebec. Obwohl saisonale Sommerwaldbrände in Kanada üblich sind, begann die Rekordbrandsaison 2023 früh und endete spät, wodurch fast dreimal so viel Land wie gewöhnlich verbrannte. Trotz einer normalen Anzahl von Brandausbrüchen waren „Megafeuer“ – Brände, die mehr als 10.000 Hektar umfassen – weit verbreitet. Insgesamt wurden 18,4 Millionen Hektar Land verbrannt, verglichen mit dem üblichen Durchschnitt von 2,1 Millionen Hektar. Quebec war besonders stark betroffen, mit 5,2 Millionen Hektar verbranntem Land und etwa 14.000 Menschen, die gezwungen waren, ihre Häuser zu evakuieren.

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Die Brände lenkten die Aufmerksamkeit auf die Auswirkungen der globalen Erwärmung. Kanada erlebte seinen wärmsten Mai-bis-Juli-Zeitraum seit über 80 Jahren, brach Temperaturrekorde um 0,8 °C und waldbrandgefährdete Wetterbedingungen in Quebec waren aufgrund des Klimawandels um 50 % schwerer. Wissenschaftler führten auch das El Niño-Phänomen sowie schlechte Forstwirtschaft als Faktoren an. Laut Copernicus, dem Erdbeobachtungsprogramm der EU, steigt die Wahrscheinlichkeit von Waldbränden wie in Kanada, da Hitzewellen häufiger werden und mit Dürrebedingungen einhergehen. Weltweit traten 2023 außergewöhnliche Waldbrände auf – Australien, Chile, Mexiko und Indonesien berichteten von rekordverdächtigen Brandsaisons, während Griechenland das größte jemals in der EU verzeichnete Feuer erlebte.

Charles-Frédérick Ouellet nutzt die Fotografie, um Darstellungen von Erinnerung, historischen Stätten und Identität zu erkunden. An der Schnittstelle von Dokumentarfilm und Journalismus entspringt seine Arbeit der Feldforschung, die die Zusammenhänge zwischen physischen Räumen, Vertreibungen und dem Aufbau des kollektiven Imaginären untersucht. Seine Werke manifestieren sich in vielfältigen Formen, darunter konventionelle Fotografie, Video, Installationen und Künstlerbücher. Ouellet hat bisher vier Fotobücher veröffentlicht, zuletzt bei Éditions Loco. Seine Arbeiten wurden in Galerien und Künstlerzentren in Quebec und international ausgestellt. Er hat zahlreiche Stipendien von den Kunstförderungen von Quebec und Kanada erhalten, und seine Werke sind in mehreren privaten und öffentlichen Sammlungen vertreten.

World Press Photo 2024 – SHMH (23)
Pollution in the Cileungsi River

Southeast Asia and Oceania, Honorable Mention
Arie Basuki

Ein Bewohner fängt Fische an einem einst malerischen Wasserfall am Cileungsi-Fluss. Der dicke Schaum auf dem Wasser entsteht größtenteils durch Abwässer aus nahegelegenen Industrien. Curug Parigi, Indonesien.

Dieses Bild unterstreicht den dringenden Bedarf an Umweltschutzmaßnahmen gegen schädliche industrielle Praktiken in den Flusssystemen rund um Jakarta, Indonesien. Textilherstellung, landwirtschaftlicher Abfluss und die Einleitung von Haushaltsabfällen sind nur einige der Faktoren, die zur Verschmutzung der Wasserwege beitragen. Die Verschmutzung des Cileungsi-Flusses, der sich durch die dicht besiedelten Städte Bogor und Bekasi bis zum Java-Meer windet, wird durch langanhaltende Dürren noch verschärft.

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Diese Faktoren stellen eine kritische Herausforderung für die Wasserversorgung im Bekasi-Gebiet dar und bedrohen nicht nur das umliegende Ökosystem, sondern auch die Gesundheit und Lebensgrundlage von Millionen von Menschen, die in nahegelegenen Gemeinden leben. Erschwerend kommt hinzu, dass die Regierung die Umweltvorschriften unzureichend durchsetzt und die anhaltende wirtschaftliche Entwicklung in der Region jegliche konzertierten Bemühungen zur Minderung und Behebung der Verschmutzung des Cileungsi-Flusses behindert. Trotz des lokalen Bewusstseins für die Umweltverschlechterung und ihre Auswirkungen bleiben wirksame Maßnahmen zur Bekämpfung der Verschmutzung schwer fassbar. Die Verschmutzung des Cileungsi beeinträchtigt den Zugang zu sauberem Wasser, das für Trinkzwecke, Bewässerung und sanitäre Zwecke unerlässlich ist, erhöht Gesundheitsrisiken und mindert die wirtschaftlichen Chancen für lokale Gemeinden. Darüber hinaus untergräbt die ökologische Degradierung des Flusses seine Funktion als wichtige Ressource für Landwirtschaft, Fischerei und Tourismus und schädigt somit das sozioökonomische Gefüge der Region.

Arie Basuki ist Fotojournalist in Jakarta, Indonesien, und arbeitet für Merdeka.com. Als Fotojournalist, der über verschiedene Ereignisse in Indonesien berichtet, verfolgt Arie Basuki einen sozialanthropologischen Ansatz, bei dem Sympathie und Empathie im Vordergrund stehen, um intensive Momente einzufangen. Er dokumentierte bereits wichtige Ereignisse wie den Tsunami im Indischen Ozean 2004, den Aceh- und Poso-Konflikt, die Verhaftung von illegalen Wanderarbeitern in Kuala Lumpur und den libyschen Bürgerkrieg. Arie Basuki wurde sowohl in Indonesien als auch international mit mehreren Preisen ausgezeichnet, darunter der Anugerah Adiwarta (2007), der Mochtar Lubis Award (2008), die Nikon Indonesia Photo Journalism Category (2016), der PFI Indonesian Photo Journalist Award (2019), der Asian Press Photo Singapore 2022 und der Environment Photographer of The Year Award 2022 (EPOTY).

World Press Photo 2024 – SHMH (24)
Drought in the Amazon

South America, Singles
Lalo de Almeida, for Folha de São Paulo

Ein Fischer geht über das trockene Flussbett eines Seitenarms des Amazonas, nahe der indigenen Gemeinde Porto Praia. Tefé, Amazonas, Brasilien.

Im Jahr 2023 erlebte das Amazonasbecken seine intensivste Dürre seit Beginn der Aufzeichnungen vor mehr als 120 Jahren. Die Dürre betraf zwischen 1,5 und 2 Millionen Quadratkilometer, etwa 20 % des brasilianischen Territoriums, und beeinträchtigte rund 600.000 Menschen. Sowohl die globale Erwärmung (verstärkt durch die Abholzung des Amazonas) als auch das Wetterphänomen El Niño (die periodische Erwärmung der Oberflächengewässer im Pazifischen Ozean) trugen zur Dürre bei. Laut einer Analyse von World Weather Attribution machte die globale Erwärmung Dürre in der Region 30-mal wahrscheinlicher, führte zu extrem hohen Temperaturen und trug zu geringeren Niederschlägen bei.

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Die Dürre traf indigene, ländliche und Flussgemeinschaften am stärksten, da sie auf Subsistenzwirtschaft, natürliches Süßwasser und den Import von Gütern über den Fluss angewiesen sind. Extreme Dürre macht ihr Leben unmöglich. Da es nur wenige Straßen gibt, bewegen sich Menschen und Güter in der Region über Wasserwege. Per Boot oder Kanu gehen Kinder zur Schule und ältere Menschen nutzen auf diese Art Gesundheitsdienste. Flüsse verbinden auch Gemeinden mit städtischen Zentren, liefern Trinkwasser und Fisch zum Essen. Rund 158 Flussdörfer in der Region Tefé waren abgeschnitten, da die Wasserwege zu größeren Städten austrockneten. Die Vorräte an Grundnahrungsmitteln und Medikamenten gingen erheblich zurück. Porto Praia, Heimat der Ticuna-, Kokama- und Mayoruna-Völker, hat keinen Straßenanschluss und ist normalerweise nur über den Fluss erreichbar. Aufgrund der Dürre mussten die Bewohner kilometerweit entlang des trockenen Flussbettes laufen, um ihre Häuser zu erreichen. Dieses Foto fängt die Schwere der globalen Umweltkrise und der Dürre im Amazonas in einem Moment ein.

Lalo de Almeida (*1970) ist ein Fotograf aus São Paulo, Brasilien. Nach seinem Studium der Fotografie am Instituto Europeo di Design in Mailand, Italien, begann er als Fotojournalist für kleine Agenturen zu arbeiten, die tägliche Nachrichten abdeckten. Nach seiner Rückkehr nach Brasilien schloss er sich der Zeitung Folha de São Paulo an, wo er 30 Jahre lang tätig war. Ab 2010 begann de Almeida, kurze Videodokumentationen und Multimedia-Erzählungen zu produzieren, und schuf eine Reihe international ausgezeichneter Projekte, darunter A World of Walls, The Battle of Belo Monte und The Climate Crisis. Im Jahr 2021 wurde de Almeida von POY Latam (Pictures of the Year Latam) zum Iberoamerikanischen Fotografen des Jahres gekürt. Im selben Jahr erhielt er das Eugene Smith Grant In Humanistic Photography für seine Arbeit Amazonian Dystopia, die das räuberische Besetzungsmodell des größten tropischen Waldes der Welt in den letzten zehn Jahren dokumentiert. Seit 2020 wird er von Panos Pictures vertreten.

The First Climate Refugees of the United States

North and Central America, Honorable Mention
Sandra Mehl

Aus Gewohnheit verbringt Roger Naquin immer noch die Nachmittage im Haus seines Onkels Freddy, das seit dem Hurrikan „Ida“ von Schimmel befallen ist. Roger und Freddy Naquin leben in Wohnwagen im nahegelegenen Pointe-aux-Chênes auf dem Festland und sind nicht dazu berechtigt Umsiedlungsfonds zu erhalten. Pointe-aux-Chênes, Louisiana, USA.

Isle de Jean-Charles, 130 Kilometer südlich der Küste von New Orleans, versinkt. Einst beherbergte die Insel eine Schule, eine Kirche und Hunderte von Bewohnern. Doch heute ist sie nur noch ein schmaler Landstreifen, drei Kilometer lang und 300 Meter breit, umgeben von den Gewässern des Bayous. Seit 1955 sind 98 % Der Inselfläche durch Erosion und steigende Wasserstände verloren gegangen, verschärft durch immer zerstörerische Hurrikane. Die Ölindustrie in Louisiana trägt erheblich zu den Umweltfaktoren bei, welche die Isle de Jean-Charles beeinflussen.

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Neben den Kohlenstoffemissionen erfordern Tausende von Offshore-Plattformen in der Region unzählige Kilometer an Kanälen im Golf von Mexiko für Schifffahrtsrouten, welche die Erosion an Land verstärken. Im Jahr 2016 zwangen die Auswirkungen des sinkenden Landes, verstärkt durch die Ölförderung und saisonale Hurrikane, die Umsiedlung der Bewohner von Isle de Jean-Charles in die Stadt Gray, Louisiana, 65 km nördlich. Dies markierte das erste föderale Umsiedlungsprogramm aufgrund des Klimawandels in den USA, wodurch die Inselbewohner zu den ersten offiziellen Klimaflüchtlingen des Landes wurden. Ende 2022 konnten die Inselbewohner in ihre neuen Häuser umziehen. Zwischen 2016 und 2023 unternahm die Fotografin sieben Reisen nach Isle de Jean-Charles, um diese Umsiedlung zu dokumentieren und das Ende der französischsprachigen Biloxi-Chitimacha-Choctaw-Indianergemeinschaft zu verewigen, die die Insel zweihundert Jahre lang bewohnt hatte.

Sandra Mehl ist Dokumentarfotografin und Filmemacherin und konzentriert sich auf zeitgenössische Themen wie Menschenrechtsverletzungen, Ungleichheit und Klimakrisen. Ihre Langzeitprojekte erzählen Geschichten aus Europa, den USA und Westasien. Nach ihrem Abschluss in internationalen Beziehungen an der Sciences-Po Paris und einem Master in Soziologie von der EHESS engagierte sich Mehl zunächst in der humanitären Hilfe in Westafrika und Vorstadtgebieten in Frankreich, bevor sie eine Karriere als Fotojournalistin einschlug. Ihre Fotografien wurden auf vielen Festivals ausgestellt, darunter Visa pour l’Image Perpignan, Les Rencontres d’Arles und PhotoVille New York. Im Jahr 2020 erhielt Mehl die Women Photograph und Nikon Grants. 2022 wurde ihr von der französischen Kulturministerin die Grand National Photographic Commission ‘Regards sur la France’ verliehen. Mehl arbeitet für französische Presseorgane wie Le Monde und Libération sowie internationale Publikationen wie The Washington Post und stern. „The First Climate Refugees of the United States” erschien in der Ausgabe 9/2024 des Magazins GEO.

World Press Photo 2024 – SHMH (25)
Red Skies, Green Waters

South America, Stories
Adriana Loureiro Fernandez, for The New York Times, in collaboration with Isayen Herrera and Sheyla Urdaneta

World Press Photo 2024 – SHMH (26)
World Press Photo 2024 – SHMH (27)

Um die Jahrhundertwende war das ölreiche Venezuela wohlhabend. Doch fallende Ölpreise, wirtschaftliches Missmanagement, Sanktionen und politische Instabilität führten zu einem Rückgang dieses Wohlstands. Die größten Ölfelder des Landes befinden sich rund um und unter dem Maracaibo-See. Dort verursachen Öllecks aus veralteter Infrastruktur und Methan, das beim Raffinerieprozess entsteht, Umweltschäden. Der See ist zudem mit Algen bedeckt, die durch abgeleitete Düngemittel, Abwässer und andere Chemikalien entstehen.

Im Oktober 2023 hoben die Vereinigten Staaten die Ölsanktionen gegen Venezuela auf, was das Land dazu motivierte, die Produktion wieder zu steigern. Der stellvertretende Ölminister Erick Pérez prognostizierte, dass Venezuela bald eine Million Barrel pro Tag produzieren werde. Gleichzeitig warnten Umweltschützer und Anwohner rund um den Maracaibo-See vor zunehmender Ölverschmutzung und verstärktem Abfackeln von Gas. Diese Umweltschäden beeinträchtigen die menschliche Gesundheit, die Tierwelt und das Ökosystem. Inzwischen leben fast 82 % der Venezolaner in Armut, so die OHCHR. Ein Bericht von Human Rights Watch aus dem Jahr 2023 zeigt, dass die meisten Venezolaner Schwierigkeiten haben, Zugang zu Lebensmitteln zu bekommen. Rund 10,9 Millionen Menschen sind unterernährt oder leiden chronisch an Hunger, und etwa 4,3 Millionen Menschen leben teils tagelang ohne Nahrungsmittel. Obwohl Berichte darauf hindeuten, dass sich die venezolanische Wirtschaft seit 2020 leicht verbessert hat, meldete die Zentralbank des Landes 2023 eine dreistellige Inflationsrate. Eine Studie der National Poll of Living Conditions (ENCOVI) aus dem Jahr 2022 ergab zudem, dass die Einkommensungleichheit weiter zunahm und Verbesserungen vor Ort nicht spürbar waren.

Adriana Loureiro Fernandez ist eine freiberufliche Fotoreporterin mit Sitz in Venezuela und hat einen Master-Abschluss in Journalismus von der Columbia University. Ihre Arbeiten wurden in The New York Times, The Washington Post, Bloomberg Businessweek und anderen veröffentlicht. 2019 erhielt Fernandez den Remi Ochlik Award bei Visa Pour L’Image. Ihre Werke wurden in mehreren Städten in den Vereinigten Staaten, Europa und Lateinamerika ausgestellt. Fernandez setzt derzeit ihr laufendes Projekt mit Hilfe des Women in Photojournalism Grant der Leica Society Foundation fort.

Eine Veranstaltung von

World Press Photo 2024 – SHMH (28)

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Mit freundlicher Unterstützung von

World Press Photo 2024 – SHMH (31)

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World Press Photo 2024 – SHMH (33)

World Press Photo 2024 – SHMH (34)

World Press Photo 2024 – SHMH (35)

Die Ausstellung “World Press Photo” ist Teil der Hamburger Woche der Pressefreiheit, eine Initiative der Körber-Stiftung und der ZEIT STIFTUNG BUCERIUS.

Rückblick auf die letzten Ausstellungen

Altonaer Museum

World Press Photo 2023

13.09. – 09.10.2023

Zum zweiten Mal zeigt das Altonaer Museum die Ergebnisse des World Press Photo Award, mit dem seit 1955 jedes Jahr die besten internationalen Pressefotografien des jeweiligen Vorjahres ausgezeichnet werden.

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Altonaer Museum

World Press Photo 2022

20.09. – 16.10.2022

Die World Press Photo Foundation zeichnet seit 1955 jedes Jahr die besten internationalen Pressefotografien des jeweiligen Vorjahres mit dem World Press Photo Award aus. Die Themen des größten und renommiertesten Wettbewerbs dieser Art reichen von politischen Auseinandersetzungen über Umweltprobleme bis zu Sportreportagen und Momenten aus dem Alltagsleben. Die preisgekrönten Fotografien…

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World Press Photo 2024 – SHMH (2024)

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Hobby: Genealogy, Stone skipping, Skydiving, Nordic skating, Couponing, Coloring, Gardening

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